Geschichte der Reggae Musik

Die von Experten auch „Blue-Beat“ genannte, populäre Musikrichtung Reggae, eine eigenwillige, auf Jamaika entstandene Mischung aus Karibik-Rhythmik (Calypso), Elementen der Gospelmusik sowie Rhythm & Blues, Soul, Rocksteady, Ska und Country, begann in den späten 1960er Jahren ihren Siegeszug in die Welt der Musik. Typisch für Reggae wurde sein verlangsamter, aber dennoch dynamisch-vorantreibender, minimalistischer Grundrhythmus. 
Zunächst war Reggae eine fast rein jamaikanische Erscheinung. Die Bezeichnung wurde wahrscheinlich dem Song „Do the Reggay“ (1968) der innovativen Jamaika-Musikgruppe „Toots and the Maytals“ entlehnt. Frontmann Frederick „Toots“ Hibbert (geb. 1942) und seine Maytals wurden zu Wegbereitern des neuen Musikstils. Die ursprüngliche Bedeutung des Ende der 60er einen Tanzstil bezeichnenden Slangausdrucks „Reggae, Reggay“ blieb ungeklärt. Der wohl bekannteste Reggae-Musiker aller Zeiten, Bob Marley (1945 – 1981), behauptete, „Reggae“ leite sich von „Rex“ („König“) ab und sei ein Hinweis auf den von der jamaikanischen Sekte der Rastafaris als Inkarnation Jesu verehrten afrikanischen Kaiser Haile Selassie (1892 – 1975). Der bis zu seinem Sturz 1974 in Äthiopien herrschende Haile Selassie führte den Titel „König der Könige“ („Neguse Negest“). Andere Reggae-Fachleute sahen in „Reggae“ eine Variante von „Streggae“ („Straßenh ure“).
Galt „Do the Reggay“ 1968 noch als Rocksteady-Stück, so begann im selben Jahr spätestens mit Derrick Morgans (geb. 1940) ) „Fat Man“ (1968) und Lee „Scratch“ Perrys (geb. 1936) „People Funny Boy“ die 1972 in den Rastafari-ausgerichteten „Root Reggae“ übergehende Phase des „Early Reggae. Typisch für den „Early Reggae“ war die kontinuierliche Betonung des von der Bass-Gitarre aufgenommenen Achtel-Schlags auf das Ständerbecken („Hi-Hat“) des Schlagzeuges.
1969 erfuhr Reggae zum ersten Mal internationale Aufmerksamkeit: Desmond Dekker (1941 – 2005) und seine Gruppe „The Aces“ stürmten die Hitparaden. „The Israelites“, eine im jamikanischen Patois-Englisch gesungene Hymne auf die Armen und Leidenden der Welt, in der ein Kleinkrimineller fürchtete, wie Bonnie und Clyde von Polizeikugeln zersiebt zu enden, ging im März 1969 an den Markt. Der in London produzierte Reggae-Song belegte nicht nur in Jamaika und Großbritannien zeitweise Platz 1 der Hitparaden, sondern auch in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern. In den US-Charts rückte „The Israelites“ bis auf Platz 9 vor. Durch diesen großen internationalen Erfolg wurde Reggae schlagartig weltweit populär.
Es schlossen sich weitere Reggae-Hits wie das Instrumentalstück „Return of Django“ (1969) von „The Upsetters“ oder „Double Barrel“ von „Dave & Ansel Collins“ (1971) an. Vor allem in England wurden die als Unterschicht-Musik geltenden, häufig durch Dub-Effekte geprägten, Jamaika-Klänge von Teilen der Jugendszene begeistert aufgenommen, insbesondere von weißen und schwarzen Skinheads („Skinhead Reggae“). Der 1972 in die Kinos gekommene Musikfilm „The Harder They Come“ mit Jimmy Cliff (geb. 1948) machte Reggae nicht zuletzt wegen der eingängigen Soundtracks „Many Rivers to Cross“ und „Sitting in Limbo“ noch bekannter und noch massentauglicher.

Ab 1972 setzte sich der durch die thematisch von der Rastafari-Bewegung bestimmte, weniger raue und häufig von Streichmusik untermalte Roots Reggae durch. Diese sich intensiv mit afrikanischen und afro-karibischen Polit-Themen beschäftigende Stilrichtung wurde wesentlich von Bob Marley bestimmt, der mit seiner Gruppe „The Wailers“ nachhaltend die Entwicklung des Reggae prägte. Er landete zahlreiche Hits, darunter „I Shot The Sheriff“ (1973), „Get Up, Stand Up“ (1973) und „Buffalo Soldiers“ (1983, postum veröffentlicht).
Die Jamaika-Musik Reggae inspirierte vor allem in Großbritannien etliche Gruppen Reggae-Elemente in ihre Produktionen aufzunehmen. Zu diesen Gruppen gehörte unter anderem die antirassistische Skinhead-Band „The Specials“ ( 1974 – 1984), die Ska mit Reggae mixte.

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